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„Man kriegt viel Gegenwind“ – Frauen an Bord haben’s noch schwer
Veröffentlicht am 16.04.2015

„Frauen an Bord bringen Unglück“: Hartnäckig hielt sich dieser Mythos bis vor wenigen Jahrzehnten. Das hat sich zwar in gewissem Maße gewandelt, aber immer noch sind Kapitäninnen und Offizierinnen eine echte Rarität. Eine von ihnen ist Samantha-Jil Hey aus Cuxhaven.

Bereits mit 15 Jahren hatte Samantha-Jil Hey einen Beruf fest vor Augen – Seefrau. Ihr Großvater war dafür verantwortlich, sagt die inzwischen 27-Jährige: „Der war Kapitän in der Hochseefischerei.“ Die junge Frau folgte ihrem Traum: Sie besuchte die Staatliche Seefahrtsschule Cuxhaven, fuhr auf großen Containerschiffen ebenso wie auf kleinen Frachtern. Demnächst tritt sie eine Stelle als Nautische Offizierin auf einem Passagierschiff an. Hey ist eine der wenigen Frauen auf See.

Immer war Samantha-Jil Hey die einzige Frau an Bord – gleich, auf welchem Schiff sie bislang angeheuert hat. Die männlichen Kollegen, von den Philippinen, aus Russland, der Ukraine oder Rumänien, reagierten oft irritiert. Einige Decksmänner hatten Probleme damit, von ihr Befehle zu akzeptieren: „Man kriegt viel Gegenwind als Frau“, so Hey. Doch ihre beherzte und zupackende Art überzeugte letztlich immer noch die meisten Kollegen. „Wenn es was gibt, wo man sich dreckig macht, dann mache ich das“, sagt sie lachend.

Frauen an Bord: Der Anteil steigt

Klaus-Jürgen Windeck, Dekan des Fachbereichs Seefahrt der Jade Hochschule in Elsfleth, kennt die Probleme von Frauen an Bord. Traditionell herrsche auf Seeschiffen eine strenge Hierarchie da dürften sich Kapitäne und Offiziere keine Unsicherheiten leisten. „Und als Frau erst recht nicht“, so Windeck.

Erst seit den Siebzigern bekleiden Frauen Führungspositionen auf Schiffen – wenn auch nur vereinzelt. Laut Zahlen des Verbands Deutscher Reeder steigt der Frauenanteil unter den Neueinsteigern in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich, allerdings auf niedrigem Niveau: Von den 5226 Personen, die 2014 bei der Knappschaft-Bahn-See als Kapitäne und Offiziere auf Schiffen unter deutscher Flagge zur See fuhren, waren 148 weiblich – also keine drei Prozent. Bis „Frau Kapitän“ zum Alltag gehört, ist es also noch ein weiter Weg. Aber: Die deutschen Seefahrtsschulen bilden heute so viele Frauen aus wie nie zuvor: Über 15 Prozent der derzeitigen Nautik-Studenten sind weiblich.

Frauen an Bord: Probleme mit langen Fahrtzeiten

Nicht für alle Absolventinnen eines Nautik-Studiums geht es anschließend auch tatsächlich auf große Fahrt. Spätestens in dem Moment, wenn Kinder ins Spiel kommen, kommen mehrmonatige Törns für die meisten Frauen nicht in Frage. Es gibt Ausnahmen, aber die können auf ein Betreuungsnetzwerk aus Freunden und Familie zurückgreifen oder einen Partner, der zu Hause einspringt. Die allermeisten aber nehmen einen Arbeitsplatz an Land an. „Wenn die Reedereien an den langen Fahrtzeiten von drei bis sieben Monaten am Stück festhalten, dann wird es auch zukünftig nicht viele Frauen an Bord geben“, sagt Maria Esser vom Berufsverband „Frauen zur See“, die als Wasserschutzpolizistin arbeitet.

Aber auch aus anderen Gründen können die langen Fahrtzeiten für Frauen zum Problem werden. Die männlichen Besetzungsmitglieder sind über Monate lang weit entfernt von ihrem gewohnten sozialen Umfeld. Sind in dieser Situation Frauen an Bord, besteht durchaus die Gefahr der sexuellen Belästigung. Esser: „Uns haben Frauen schon von gestohlener Unterwäsche erzählt oder von einem nackten Mann, der bei ihnen plötzlich im Bett lag.“ Um solchen Situationen zu verhindern, hat der Berufsverband einen Leitfaden für Berufseinsteigerinnen veröffentlicht: „Was erwartet mich an Bord?“ Ein Ratschlag daraus: „Ziehe dich arbeitsbezogen praktisch an und verzichte auf modischen Aufwand.“

Frauen an Bord bekommen oft Sprüche zu hören

Für Samantha-Jil Hey eine Selbstverständlichkeit. Trotzdem muss auch sie Sprüche ertragen. „Wenn man damit nicht umgehen kann, darf man nicht an Bord gehen“, sagt Hey. Der Umgang der Frauen an Bord mit den männlichen Kollegen war auch nicht ausschlaggebend für die neue Ausrichtung der eigenen Karriere. Der Grund lag im Privaten: Nach acht Monaten auf einem Containerschiff erkannte ihre kleine Schwester sie nicht mehr – sie war bei Heys Abreise erst ein Jahr alt. Daran hatte die junge Frau schwer zu knabbern.

Zuletzt fuhr sie fast zwei Jahre auf einem Frachtschiff in Nord- und Ostsee, drei bis vier Monate am Stück. Viele Freunde habe sie in dieser Zeit verloren, weil sie den Kontakt nicht halten konnte. Sie vermisste die Mutter, die vier jüngeren Geschwister und den Freund. Deshalb wechselt sie jetzt auf ein Fahrgastschiff, zunächst zwischen Cuxhaven und Neuwerk pendelnd. Hey: „Das wird eine große Umstellung.“

 

Quelle: dpa

Foto: Symbolfoto / pixabay.com

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