Während immer mehr Schiffe im chinesischen Perlflussdelta auf ihre Abfertigung warten, scheint der Welthandel bisher darunter kaum zu leiden. Der aktuelle Kiel Trade Indicator zeigt an, dass das Niveau des Welthandels in Juni 0,4 Prozent über dem des Vormonats liegt. Basis des Kiel Trade Indicators, der vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) erhoben wird, ist die Auswertung weltweiter Schiffsbewegungsdaten, um daraus nominale, saisonbereinigte Werte für die Entwicklung des Außenhandels gegenüber dem Vormonat abzuleiten. Dabei werden an- und ablegende Schiffe für 500 Häfen weltweit erfasst. Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen.
Häfen am südchinesischen Meer stehen derzeit im Fokus des Interesses. Dort haben Corona-Infektionen für Terminalschließungen und entsprechende Verzögerungen gesorgt. „In den vergangenen vier Wochen hat der Hafen Yantian nur gut 40 Prozent der üblichen Containermenge verschifft. Auch den Hafen von Shenzhen verlassen weniger Container als üblich“, sagt Vincent Stamer, der Leiter des Frühindikators. „Die Mega-Häfen Shanghai und Ningbo verzeichnen aber gegenwärtig noch keine Einbrüche“, analysiert er. Dies sei einer der Gründe, warum der Kiel Trade Indicator unter dem Strich positive Werte für den Handel Chinas, den Welthandel und die Importe Deutschlands, der EU sowie der USA ausweist. „Spitzt sich die chinesische Schifffahrtskrise zu, könnte sich dies aber ändern“, sagt Stamer. Das leichte Plus bei den Exporten von Deutschland und der EU wertet er als normale Gegenbewegung zu den negativen Werten im vergangenen Monat.
Inzwischen wird der Stau im chinesischen Hafen Yantian unter Fachleuten als größeres Problem als der einwöchige Stau am Suezkanal Ende März, der die Folge einer Havarie des Containerfrachters „Ever Given“ war. Allerdings verursachten Umleitungen zu anderen Häfen wiederum steigende Wartezeiten dort: „Die derzeitige durchschnittliche Wartezeit in Shekou, Nansha und Hongkong liegt zwischen 2 und 4 Tagen, aber da immer mehr Reedereien Yantian auslassen, wird diese Zahl voraussichtlich steigen.“
Quelle: dpa/DVZ
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Grafik: IfW