Wie aus einer aktuellen Branchenstudie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hervorgeht, steuert die deutsche Hochseeflotte auf schwieriges Fahrwasser zu. Insbesondere die voranschreitende Digitalisierung sowie strengere Klima- und Umweltschutzauflagen machen hohe Investitionen notwendig, während sich die globale konjunkturelle Lage eintrübt und die Erlöse weitgehend stagnieren. Zudem entwickelt sich die Finanzierung für die deutsche Schifffahrtsbranche zu einer immer größeren Herausforderung. 75 Prozent der deutschen Reeder bewerten den Ausstieg deutscher Banken aus der Schiffsfinanzierung als großes Problem, direkt gefolgt von der aktuellen Entwicklung der Transportpreise mit 63 Prozent.
LNG wird wichtiger – ist aber für viele nicht finanzierbar
Das Thema Klimaschutz, und damit auch das Thema Liquefied Natural Gas (LNG), rückt bei deutschen Hochseereedern immer mehr ins Bewusstsein. Nachdem 2016 nur 36 Prozent dem Flüssiggas eine große bzw. sehr große Bedeutung in den nächsten drei bis fünf Jahren zuschrieben, sehen das mittlerweile 53 Prozent der Reeder so. Gleichzeitig ist die Umrüstung für vier von fünf Unternehmen derzeit zu teuer, sodass nur 32 Prozent beabsichtigen, in die alternative Antriebsform zu investieren. Alternative Antriebe seien zwar klar im Bewusstsein der deutschen Reeder angekommen, so heißt es in der Studie, doch stagnierende Erlöse, der drohende Konjunkturabschwung sowie ein schwieriges Finanzierungsumfeld machen konkrete Umsetzungsschritte derzeit gerade so gut wie unmöglich – vor allem für Schiffseigner, die ihre Kapazitäten Dritten zur Verfügung stellen. Zudem glaubt jeder zweite nicht daran, seine Kunden durch Preissteigerungen an den Umrüstungskosten beteiligen zu können.
Cyberrisken nicht im Fokus
Eher weniger immanent empfinden die Reeder potenzielle Bedrohungen durch Hackerangriffe und andere Formen der Cyberkriminalität. Nur 22 Prozent sehen in IT-Risiken ein größeres Problem im aktuellen Gesamtkontext. Befragt nach der Situation der eigenen Reederei identifizieren lediglich elf Prozent ein hohes Bedrohungspotenzial. Zudem zeigt sich, dass das Bewusstsein in großen Reedereien in diesem Punkt ausgeprägter ist: Vier von fünf Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern beschäftigen fest angestellte IT-Sicherheitsexperten. Lediglich neun Prozent arbeiten weder mit internen noch mit externen Experten. In der Gesamtbranche liegt dieser Wert mit 21 Prozent mehr als doppelt so hoch.
Alternative Finanzierungsmöglichkeiten finden immer mehr Zustimmung
Die deutschen Reeder richten ihren Blick angesichts der aktuellen Herausforderungen zunehmend auf neue Finanzierungsmöglichkeiten. Während derzeit noch knapp acht von zehn ihre Investitionen (auch) über Kredite inländischer Institute finanzieren, planen dies künftig nur noch fünf Prozent. Stark an Bedeutung gewinnen werden hingegen Auslandsbanken: Während aktuell 43 Prozent der Unternehmen mit ausländischen Instituten kooperieren, planen dies für die Zukunft weitere 26 Prozent der Reeder. Zudem suchen die Reeder verstärkt nach Alternativen zur Bankfinanzierung. Schon heute sind 42 Prozent der Befragten direkt auf dem inländischen Kapitalmarkt aktiv, 20 Prozent im Ausland. Auch bis vor einigen Jahren unbekannte Finanzierungsmodelle könnten an Bedeutung gewinnen: Für 20 Prozent der Reeder käme auch das Crowdfunding in Frage – aktuell nutzen diese Option allerdings erst vier Prozent der Befragten.
Entwicklungsperspektiven trüben sich ein
Wie in der Vorjahresumfrage berichten aktuell neun von zehn Befragten (89 Prozent) über voll ausgelastete Flotten. Nur bei neun Prozent der Reeder gibt es derzeit Schiffe ohne Beschäftigung. Im Vorjahr lag diese Quote mit fünf Prozent etwas niedriger. Die konjunkturellen Perspektiven beurteilen die Unternehmen mittlerweile allerdings deutlich skeptischer: Für die kommenden zwölf Monate rechnen aktuell nur noch 53 Prozent der Befragten mit Umsatzzuwächsen (Vorjahr: 74 Prozent). Noch zurückhaltender schätzen die Reeder die Preisentwicklung ein: Mit einem Anstieg der Charterraten rechnen nur noch 39 Prozent (Vorjahr: 72 Prozent); bei den Frachtraten sind 45 Prozent dieser Ansicht (Vorjahr: 70 Prozent). Dessen ungeachtet plant über die Hälfte der Reedereien in den nächsten Monaten neue Mitarbeiter einzustellen.
Quelle: PwC
Bild: JadeWeserPort