Seemannsdiakon Jan Oltmanns geht voran in einen Raum voller Telefonkabinen. „Früher stand hier nur eine einzige», sagt er. „Die Mission hat sich seit 1986 stetig vergrößert.“ Der 59-Jährige ist Mitgründer der Seemannsmission Duckdalben im Hamburger Hafen, die seit mittlerweile 30 Jahren besteht. Hier können Seeleute sich zurückziehen, mit ihren Familien telefonieren oder mit Kollegen sprechen.
Wenn man den Duckdalben betritt, spürt man unmittelbar die offene Atmosphäre. Ein unkompliziertes „Hello, my friend“, gehört zur Begrüßung dazu. Skulpturen, Hüte und Bilder aus Asien, Afrika, Amerika und sonstwo zieren die Wände des großen Vorraums. Die Sammlung zeigt, dass hier in den vergangenen dreißig Jahren viele Gäste ein- und ausgegangen sind. Im Café und an der Bar unterhalten sich Gäste in unterschiedlichsten Sprachen. In den vergangenen 30 Jahren haben sich Seeleute aus 180 Ländern im Duckdalben getroffen. Wenn sie in Hamburg mit ihren Schiffen anlegen, machen sie oft hier in der Mission eine kurze Verschnaufpause.
Früher kamen an einem Tag bis zu 60 Chinesen
ins Duckdalben
Heute stellen die Seeleute von den Philippinen die Mehrheit der Gäste. „Aber die Chinesen haben uns damals groß gemacht. Manchmal kamen bis zu 60 an einem Tag hierher. Da mussten wir schnell reagieren und uns vergrößern“, erinnert sich Oltmanns. Das Team baute mehrere neue Telefonkabinen ein, beschaffte einen Billardtisch und richtete einen Shop ein, in dem man alles Wichtige – von Shampoo bis Schokolade – und Souvenirs kaufen kann. Heute gibt es hier WLAN, neue Computer und einen Gebetsraum, in dem die großen Weltreligionen vertreten sind, eine Karaoke-Anlage, Tischtennisplatten und einen Grillplatz.
Duckdalben – das sind im Hafenboden eingerammte Pfähle, an denen die Schiffe festmachen. «Bei uns sollen aber die Menschen festmachen. Wir bieten ihnen eine Art Zuhause, einen Steady-Point, an dem sie zur Ruhe kommen können», sagt Jan Oltmanns. Der Club könne zwar nicht alle Wünsche erfüllen, aber die drei wichtigsten seien jedenfalls dabei: „Erstens, die Möglichkeit, nach Hause zu telefonieren. Zweitens, schnelles und kostenloses Internet. Drittens, Privatsphäre.“ Zudem gibt es eine kostenlose medizinische Beratung, sowie die Möglichkeit, Geld an die Familie zu schicken.
Im Duckdalben rufen Seeleute meist als erstes
ihre Familien an
Das Leben als Seemann ist oft hart, erzählt Cris John Velasco. Der 38-jährige Philippiner übt den Beruf seit 16 Jahren aus. Zu Hause, in der Nähe von Manila, warten seine Frau und die drei Kinder oft bis zu neun Monate lang auf seine Rückkehr. Dann bleibt der Seemann meistens nur für ein, zwei Monate, bis er wieder auf See fährt. Velasco ist Bootsmann und führt die Aufsicht über die 30-köpfige Crew des Schiffes. Zusammen mit seinen Freunden, den beiden Schiffsköchen Efren Reyes und Petergene Bohol, ist er in die Seemannsmission Duckdalben eingekehrt, um zur Ruhe zu kommen. Die drei übernachten auf ihren Schiffen und lassen sich dann vom Duckdalben-Shuttle zur Mission fahren, um dort einige Stunden zu verbringen. Sie spielen Billard, trinken ein Bier an der Bar oder reden mit den anderen Seeleuten. Doch als allererstes rufen sie ihre Familien an.
„Wir holen täglich Rückmeldungen der Seeleute ein, um unsere Angebote besser auf sie zuzuschneiden. Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann werden wir weiterhin eine Erfolgsgeschichte schreiben“, sagt Oltmanns. Einen anderen Job könnte sich Oltmanns selbst kaum vorstellen. Er liebt die direkte Art der Seeleute. „Die sagen einfach, was Sache ist.“ Daran habe sich auch in den dreißig Jahren nichts geändert.
Quelle: dpa
Foto: © Duckdalben