Auch wenn die goldenen Jahre mit zweistelligen Wachstumsraten in den deutschen Seehäfen vorüber sind, blicken die Häfen auch mit bescheideneren Perspektiven zuversichtlich in die Zukunft. „Wir sehen Stabilität trotz schwieriger Bedingungen“, sagte der scheidende Präsident des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), Klaus-Dieter Peters, am 15. November 2016 in Hamburg. „In der Hafenwirtschaft geht es um konjunkturelle Schwankungen, nicht um strukturelle Dauerprobleme wie etwa in der krisengeplagten Schifffahrt.“ Zu schaffen machten den Häfen vor allem Infrastrukturengpässe in Deutschland sowie die wirtschaftlichen Entwicklungen in China und Russland.
Auch wenn sich der Güterumschlag der deutschen Seehäfen im ersten Halbjahr 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum insgesamt um zwei Prozent auf knapp 149 Millionen Tonnen verringerte, deutet sich im zweiten Halbjahr 2016 bereits eine Belebung an. Für 2016/2017 rechnet der ZDS mit einem leichten Anstieg des Güterumschlags und verweist in diesem Zusammenhang auf entsprechende Prognosen verschiedener Institute und der OECD, die ein langfristiges Wachstum im europäischen Güterverkehr vorhersagen. Konkret sei in den nächsten Jahren mit einem Plus von drei bis vier Prozent zu rechnen. Aber nur auf Umschlagszahlen zu schauen, sei zu eng gedacht, so Peters: „Unsere Unternehmen fahren zumeist weiter auskömmliche oder gute Betriebsergebnisse ein und die Anzahl der Arbeitsplätze in den deutschen Häfen hat sich kaum verändert.“
Seehäfen haben herausragende Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes
Die aktuelle Politik der Bundesregierung wird von den Hafenbetrieben, im Gegensatz zu früheren Jahren, positiv beurteilt. So würden die Investitionen in Verkehrsinfrastruktur deutlich hochgefahren und verstetigt, und im neuen Nationalen Hafenkonzept werde die herausragende Bedeutung der Häfen für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes unterstrichen. Nun gehe es darum, die geplanten Investitionen auch zügig umzusetzen. „Es darf nicht sein, dass Haushaltsmittel des Bundesverkehrsministeriums nicht abgerufen werden, weil es bei Bund und Ländern an Planern, Ingenieuren und Juristen fehlt“, erklärte Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des ZDS. Auf starke Kritik beim Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe stieß die Wettbewerbspolitik der EU, die Investitionen mit unausgegorenen Vorstößen zum Beihilferecht gefährde.
Digitalisierung steht bei den Häfen ganz oben auf der Tagesordnung
Das Thema Digitalisierung steht bei den deutschen Seehäfen immer stärker im Fokus und wird auch bei der nächsten Nationalen Maritimen Konferenz im April in Hamburg ganz oben auf der Tagesordnung stehen. „Das Internet der Dinge und der Hafen 4.0 werden längst gelebt. Aber das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft“, sagte Peters. Der ZDS, der fast 180 Betriebe an 22 Standorten an Nord- und Ostsee vertritt, setzt sich daher für „fortschrittsorientierte Rahmenbedingungen“ in den Häfen ein, zum Beispiel durch den Ausbau der allgemeinen IT-Infrastruktur, die Anpassung der Bildungs- und Ausbildungssysteme sowie die Schaffung von Innovationsanreizen.
Um diese und andere maritime Zukunftsthemen wird sich beim ZDS künftig auch Frank Dreeke kümmern. Der Chef der Bremer BLG Logistics Group wurde zum neuen Präsidenten des Verbandes gewählt. Klaus-Dieter Peters, noch bis Ende 2016 Vorstandsvorsitzender des Hamburger Hafenkonzerns HHLA, kandidierte nicht mehr für das Amt.
Quellen: dpa, ZDS
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